2025-06-03
Beim gestrigen Elternabend in der Volksschule – im Rahmen unseres Projekts „Kinder stärken“ – wurde eines sehr deutlich: Viele Eltern sind unsicher, ob und wie sie ihre Kinder, besonders die Erstklassler zwischen sechs und sieben Jahren, sexuell aufklären sollen. Diese Unsicherheit ist nachvollziehbar. Sexualität ist ein sensibles Thema – gerade im Kindesalter. Aber es ist auch ein enorm wichtiges, insbesondere im Hinblick auf Prävention und Schutz vor sexueller Gewalt.
Ein häufiges Missverständnis ist, dass Sexualaufklärung im Kindesalter bedeutet, Kindern den Geschlechtsakt zu erklären. Das ist in diesem Alter nicht notwendig – und auch nicht sinnvoll. Kindliche Sexualität ist etwas ganz anderes als Erwachsenensexualität. Kinder erleben ihren Körper neugierig, spielerisch, entdeckend. Wenn sie Fragen stellen, sollten wir ehrlich und altersgerecht antworten – ohne mehr zu erzählen, als sie verstehen oder wissen wollen.
Ein zentraler Bestandteil der Aufklärung ist, dass Kinder ihren Körper kennen und benennen können – mit den richtigen Begriffen. Penis und Vulva sind keine Schimpfwörter. Im Gegenteil: Fachlich korrekte Sprache schützt Kinder. Verniedlichungen wie „Pipimann“ oder „Mumu“ wirken harmlos, doch gerade im Zusammenhang mit sexueller Gewalt erschweren sie es Kindern, sich verständlich zu machen oder Hilfe zu holen. Kinder, die sagen können, was ihnen passiert ist – und wo –, haben bessere Chancen, geschützt zu werden.
Ebenso wichtig: Kinder müssen wissen, wer sie wo berühren darf – und wer nicht. Sie brauchen Klarheit über persönliche Grenzen. Wer darf mich am Rücken berühren? Wer an den Beinen? Wer am Po? Wer an der Vulva oder am Penis? In einem medizinischen Kontext, zum Beispiel beim Kinderarzt, können bestimmte Berührungen notwendig sein – aber auch das sollte besprochen werden. Ansonsten gilt: Kinder, die sich selbst waschen und baden können, brauchen keine Hilfe von Erwachsenen bei der Intimhygiene. Erwachsene Hände haben dort nichts mehr verloren.
Auch das Thema kindliche Selbstberührung ist wichtig – und sollte nicht tabuisiert werden. Wenn Kinder sich selbst berühren oder streicheln, erleben sie ein angenehmes Körpergefühl. Das ist kein sexuelles Verhalten im erwachsenen Sinn, sondern Teil ihrer natürlichen Entwicklung. Wenn wir das beobachten, braucht es kein Drama. Eine ruhige Erklärung reicht aus: „Das ist etwas, das du für dich alleine machen darfst – zum Beispiel in deinem Zimmer oder im Badezimmer, aber nicht in der Schule oder im Wohnzimmer.“
Sexualaufklärung in diesem Alter bedeutet vor allem, Kindern ihren Körper nahezubringen, ihnen ein Gefühl für ihre eigenen Grenzen zu geben, ihnen Sprache zu geben – und sie darin zu bestärken, sich sicher, selbstbewusst und wertvoll zu fühlen. Das ist der beste Schutz vor Grenzverletzungen und Gewalt – und ein wichtiger Beitrag zu ihrer gesunden Entwicklung.
Admin - 06:51:04 @ "merk-würdig"
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